Das 1x1 der digitalen Kameratechnik


Um die Eigenschaften aber auch die Grenzen digitaler Kameras besser beurteilen zu können, ist es sinnvoll, etwas tiefer in die Materie einzutauchen. Auch lassen sich viele Fragen zum Thema "Digitalkamera" und "Abbildungseigenschaften" ohne optische und technische Grundkenntnisse nur unzufriedenstellend beantworten. Die folgenden Seiten sollen daher einen Einblick in die wichtigsten Gesetze der geometrischen Optik und in die Technik aktueller Kamerasysteme geben.

Im weiteren werden auf dieser Website Abkürzungen verwendet, welche die Digitalkameras in 2 grobe Gruppen unterteilen. (das Hauptkriterium ist dabei die Sensorgröße, da viele Abbildungseigenschaften-Eigenschaften direkt von diesem Parameter abhängen)

P&S - Point and Shot - digitale Kompaktkameras
Kameras dieses Types besitzen für gewöhnlich fest installierte (meist) Zoom-Objektive und verwenden kleine Sensoren um kompakte Baugrößen zu ermöglichen (typische Sensorgrößen: 1/2.3" oder 1/1.7")

SLR - eigentlich SingleLensReflex, oder Spiegelreflexkamera mit APS-C Sensor oder größer.
Gerade im Bereich der Kameras mit Sensoren im APS-C Format gab es in den letzten Jahren die meisten Entwicklungen und Neuerungen. So zählen nun auch spiegellose Systemkameras wie Fuji X-E1, E2, M1,... die Sony NEX Serie, aber auch 4/3-Modelle von Olympus, Panasonic, etc. oder ähnliche, in den folgenden Abschnitten zur Klasse der SLR's.
Eine weitere Gemeinsamkeit dieser Kameras sind dabei die wechselbaren Objektive.


KB - steht für Kleinbildformat - 24mm x 36mm (oder auch Vollfomat)
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FAQ's - Frequently Asked Questions:

Zur Beantwortung mancher typischen Fragen ist die Betrachtung mehrerer technischen Aspekte nötig.
Nutzen Sie die "FAQ's" als schnellen Wegweiser durch die technischen Kapitel.


Was bedeutet Kleinbild äquivalente Brennweite?
Warum sprechen wir von 35 – 210mm KB-Brennweite, wenn auf dem Objektiv der Kamera 7.4 – 44.4mm aufgedruckt ist?
Was ist der Bildwinkelfaktor / Crop-Faktor?

Das Ganze ist etwas verwirrend, da die Brennweite eine Kenngröße des Objektivs ist. Ein Objektiv mit 7.4mm Brennweite hat eindeutig 7.4mm Brennweite und NICHT 35mm. In Wirklichkeit interessieren wir uns hier für den Bildwinkel!
Da sich der Bildwinkel aber aus Brennweite und Sensorgröße errechnet, muss bei Einsatz eines kleineren Sensors, auch die Brennweite des verwendeten Objektives verringert werden, um denselben Bildwinkel zu erreichen.
Im analogen Zeitalter gab es nur eine "Sensorgröße" = 24mmx36mm; das Kleinbildformat. Dadurch gab es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Brennweite und Bildwinkel. Der Fotograf entwickelte ein Gefühl für den Bildausschnitt (FoV…Field of View), der durch die Brennweite bestimmt wird. Außerdem ist die Brennweite als fixe Größe auf jedem Objektiv angegeben.

Einfache Berechnung:

f (KB-äquivalent) = f (wirklich) * Bildwinkelfaktor

WICHTIG: in allen optischen Berechnungen wird mit der wahren Brennweite f gerechnet.
Die KB-äquivalente Brennweite ist nur von Interesse, wenn es um den Bildwinkel geht.

siehe technisches 1x1:
Brennweite
Sensorgröße
Crop-Faktor / Bildwinkelfaktor

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Was sind die möglichen Ursachen für unscharfe Bilder?

1. Belichtungszeit:

der häufigste Grund für Unschärfe im Bild ist eine zu lange Belichtungszeit.
Durch eine zu lange Belichtungszeit ergeben sich 2 Probleme:

1a. Bewegungsunschärfe:

Objekte die sich durch das Bild bewegen (bei gleich bleibender Entfernung) oder sich bewegende Personen werden verwischt dargestellt. Anhaltspunkte für erforderliche Verschlusszeiten:

Portrait: min. 1/125s (angepasst an die Brennweite)

Sportler: min. 1/500s (je nach Sportart – auch kürzer)

fliegende Vögel + spritzendes Wasser: min. 1/1000s (Bewegung einfrieren)

Im Gegensatz dazu: fließendes Wasser: max. 1/30s
(um die Bewegung des Wassers gegenüber den ruhenden Bildteilen hervorzuheben)


1b. Verwackeln:

Die Gefahr des Verwackelns wird umso größer, je kleiner der Bildwinkel – bzw. je größer die KB-äquivalente Brennweite – wird.

Zur Veranschaulichung:
wird bei einer Aufnahme mit einem Weitwinkelobjektiv, das einen Bildwinkel von 60° besitzt, mit der Kamera um +/-1° gewackelt, so hat dies bedeutend weniger Effekt, als bei einem Teleobjektiv, das einen Bildwinkel von nur 5° besitzt!

Zum Schutz gib es eine einfache Faustformel:

1/Verschlusszeit = 1/KB-äquivalente Brennweite

Die hier angeführte Daumen-Pi-Regel funktioniert bei SLR's sehr gut. Bei P&S-Kameras sollten jedoch auf Grund des viel geringeren Kameragewichtes und des anderen Handlings noch kürzere Zeiten gewählt werden!

Diese Faustformel nimmt Bezug auf das gedruckte Bild und verwendet als Maßstab für die erlaubte Unschärfe den sogenannten Unschärfekreis. Soll das Ergebnis jedoch auch einem 100%-igen Zoom am Bildschirm standhalten, d.h. Schärfe auf Pixelniveau - dann gelten kürzere Verschlußzeiten.

Ist die benötigte kurze Verschlusszeit nicht einstellbar, dann hilft die Erhöhung der ISO-Zahl (Lichtempfindlichkeit), oder/UND das Einschalten des "Antiverwacklungssystems" (IS bei Canon; VR bei Nikon) – sofern vorhanden. Mit IS bzw. VR lassen sich, eine ruhige Hand vorausgesetzt, zumindest 2 – 3 Verschlusszeiten-Stufen gewinnen.

Nach oben genannter Formel benötigt ein 500mm-Objektiv eine Verschlußzeit von <= 1/500s.
Ein gutes Stabilierungssystem würde damit Verschlußzeiten von 1/125s bis 1/60 ermöglichen.

Als letzte Alternative bleibt dann das Stativ.

Eine Bewegungsunschärfe (bewegtes Motiv) kann aber weder mit einem Stabilisierungssystem noch mit einem Stativ "geheilt" werden - hier hilft nur ein höherer ISO-Wert, um eine kurze Verschlußzeit zu ermöglichen.

Die Verwendug eines Stativs entbindet den Fotografen für gewöhnlich von dieser Faustformel. Trotzdem kann sich bei Aufnahmen mit großen Brennweiten (>= 400mm) bereits der Spiegelschlag der SLR negativ auswirken.
Abhilfe: stabileres Stativ, sehr kurze Belichtungszeit oder Spiegel-Vorauslösung.

Auch Wind kann trotz Verwendung eines Stativs bei großen Brennweiten zum Problemfaktor werden.
Ähnlich einem Laternenmast - nur eben waagerecht - bieten Superteles dem Wind eine ausreichende Angriffsfläche um das Stativ in Drehschwingungen zu versetzen.
Abhilfe: stabileres Stativ, beruhigen des Gesamtsystems durch "gekonntes Hand auflegen" und/oder noch
kürzere Belichtungszeit

siehe technisches 1x1:
Belichtung
Schärfe
ISO-Wert


2. zu geringe Schärfentiefe:

Besitzt das zu fotografierende Objekt eine gewisse Tiefe, die zur Gänze scharf wiedergegeben werden soll (z.B. Gruppenfoto), so ist eine gewisse Schärfentiefe erforderlich – d.h. das Objektiv muss entsprechend Abgeblendet werden.

Einflussgrößen für die Schärfentiefe sind: Blende, Brennweite, Entfernung, Sensorgröße.

siehe technisches 1x1:
Blende, Blendenzahl
Brennweite
Sensorgröße
Schärfentiefe


3a. Fokussiermethode - "focus and recompose":

Eine beliebte Methode ist die ausschließliche Verwendung des zentralen Fokusfeldes mit Fokusspeicherung und anschließendem Kameraschwenk.

Die Vorteile liegen auf der Hand: es wird der sensibelste Fokuspunkt (bei SLR's) verwendet und man verschwendet keine Zeit bei der Wahl des Fokuspunktes – Schnappschusstauglich.

Probleme können sich bei einem zu großen Schwenkwinkel der Kamera nach dem Fokussieren in Verbindung mit einer kleinen Schärfentiefe (große Blendenöffnung) ergeben.

focus and recompose

Da die Kamera auf eine Ebene scharf stellt und nicht auf eine Kugeloberfläche, ergibt sich nach dem Verschwenken ein Entfernungsfehler am ursprünglich fokussierten Objekt.

Achten Sie bei "Focus and Recompose" darauf, dass sich der AF im Modus "One Shot" befindet!
"AI Focus" (dies ist die Bezeichnung in der Canon-Welt für einen intelligenten Fokus, der über den Bedarf einer Neufokussirung selbst entscheidet) oder "AI Servo" würden hier zwangsläufig unscharfe Bilder liefern, da nach dem Schwenk nochmals fokussiert wird.

Diese Fokussiermethode kann auch zur Fehlbelichtung führen.
Mehr dazu erfahren Sie hier.


3b. Fokussiermethode - Fokusspeicherung und lange Brennweite:

Die Fokusspeicherung (halb-gedrückter Auslöser) bei langen Brennweiten und Hand gehaltener Kamera kann durch die geringe Schärfentiefe schnell zu einem Fehlfokus führen. Bereits geringe Wankbewegungen nach vorne oder Rückwärts können ausreichen.
Beispiel:
Eine 400mm-Brennweite liefert an einer APS-C-Canon eine KB-äquivalente Brennweite von 560mm.
Bei einer Fokusdistanz von 10m und einer Blende von f=5.6 beträgt die Schärfentiefe (DoF...Depth of Field) für diese Brennweite ca. 14 cm !!!
D.h. einen perfekten Autofokus vorausgesetzt, darf sich der Fotograf nur um +/- 7cm bewegen.
Trifft der AF eine unsymetrische Entscheidung, dann steht in eine Richtung entsprechend weniger Spielraum zu Verfügung - nur in welche und wieviel?


4. Fehlfokus:

Wird mit dem ausgesuchten Fokuspunkt auf eine kontrastarme Struktur bei wenig Licht oder aber auch bei Gegenlicht scharf gestellt, dann trifft der Autofokus gerne mal die falsche Entscheidung.

siehe technisches 1x1:
Schärfentiefe
Blende

Fokus
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Wie viel "Auflösung" / Megapixel braucht eine Kamera?

Die Anzahl der benötigten Pixel hängt natürlich vom Verwendungszweck des Bildes ab. Dienen die Bilder nur der Gestaltung eines Internetauftrittes oder werden über einen digitalen Bilderrahmen betrachtet, dann wären theoretisch 1 MPx ausreichend.
(zum Vergleich: 800 x 600 = 480.000Px)

Sollen die Bilder aber DIN A4 Format füllend gedruckt werden, dann werden zumindest 8MPx benötigt. (basierend auf einer 300dpi Druckdatei; 1 inch = 2,54 cm)

Die Sensor-Auflösung alleine sagt aber nichts über die tatsächlich im Bild erzielbare Auflösung oder den Texturerhalt (Detailwiedergabe bei geringem Kontrastunterschied) der Kamera aus.

Lassen Sie sich in diesem Zusammenhang auch nicht von Druckerangaben in die Irre leiten, in denen von 1440dpi, 2880dpi oder noch mehr die Rede ist. Dies ist die Dichte der einzelnen Druckerfarbpunkte aus denen der zu druckende Farbpunkt gemischt wird. Auch diese Drucker sind voll zufrieden, wenn sie mit einer 300dpi Datei gefüttert werden.

Was bestimmt die Bildqualität einer Digitalkamera?
Sind 14Mpx einfach besser als 8MPx?

Die Bildqualität einer Digitalkamera wird nicht nur durch die Megapixel bestimmt. Kontrastumfang, Bildumfang, Rauschen und Texturverlust sind wichtige Themen die allzu gerne unbeachtet bleiben.

Vor allem bei einer P&S-Kamera, deren Sensorgröße nur einen Bruchteil der KB-Sensorfläche beträgt, ergeben so hohe Auflösungen keinen nutzbaren Informationszuwachs mehr.
Was nutzen 14MPx, wenn die Bildinhalte schon bei ISO-400 im Rauschen versinken? Zu gerne werden dann hochauflösende P&S-Kameras dazu benutzt, um im Endeffekt nur 6MPx große Bilder zu speichern.

Machen Sie sich hierzu anhand der folgenden technischen Kapitel selbst ein Bild; alle Berechnungen können leicht nachvollzogen werden.

siehe technisches 1x1:
Sensorgröße
Auflösung
Schärfe
Förderliche, kritische Blende
Rauschen

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Welche Abbildungsfehler haben Objektive?
Können diese Fehler korrigiert werden?

siehe technisches 1x1:
Optische Abbildungsfehler

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Wie funktioniert die Blende?
Was ist eine Blendenstufe?
Wie kommt die Blendereihe zustande?
Was ist die effektive Blende?

siehe technisches 1x1:
Blende, Blendenzahl

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Was bedeutet Schärfe überhaupt?
Wie entsteht die Schärfentiefe?

siehe technisches 1x1:
Schärfe,Schärfentiefe
Blende, Blendenzahl

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Was bedeutet die HFD - Hyperfokale Distanz?
Wie kann diese genützt werden?

siehe technisches 1x1:
Schärfe, Schärfentiefe

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Blende f8 ist doch toll, was beschreibt die förderliche Blende?

siehe technisches 1x1:
Schärfe, Schärfentiefe
Blende, Blendenzahl
Förderliche, kritische Blende

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Was bedeuted Bokeh?

siehe technisches 1x1:
Bokeh

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Sind 200mm Brennweite immer 200mm Brennweite?
Eine Festbrennweite liefert bei Nahaufnahmen einen anderen Abbildungsmassstab als ein SuperZoom - wie ist dies möglich?

siehe technisches 1x1:
Brennweitenverlust

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Was ist ein Normalobjektiv?
Welche Besonderheiten haben Weitwinkel- und Tele-Objektive?
Verzerren Weitwinkelobjektive wirklich?

siehe technisches 1x1:
Brennweite
Bildwinkel
Weit-/Normal-/Teleobjektiv

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Wie funktioniert der Auto-Fokus?

siehe technisches 1x1:
Autofokus

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Wie funktioniert die Bildwandlung?
Was bedeutet Bayer-Sensor?

siehe technisches 1x1:
Bildwandlung, Sensorprinzip

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Was besagt die ISO-Zahl?
Welche Bedeutung hat dieser Wert für die Fotografie?

siehe technisches 1x1:
ISO-Wert

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Wieso rauschen Digital-Kameras?
Warum ist das Rauschen von P&S-Kameras größer?

siehe technisches 1x1:
Bildwandlung / Sensorprinzip
Sensorgröße
Auflösung
Rauschen

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Wie funktioniert die Belichtungsmessung?
Welche Eigenschaften haben die einzelnen Belichtungsprogramme?

siehe technisches 1x1:
Belichtungsmessung
Belichtungsprogramme

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Wie kann die Belichtung an der Kamera kontrolliert werden?
Wozu dient das Histogramm am Kameradisplay?

siehe technisches 1x1:
Histogramm

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Blitzen - Wo liegen hier die Unterschiede der Programme P, Av, Tv ?

siehe technisches 1x1:
Blitzbelichtung

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Rote Augen – wie verhindern?

siehe technisches 1x1:
rote Augen

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1x1 der Kameratechnik - Gesamtverzeichnis:

 

optische Kapitel:

  1. Brennweite
  2. Abbildungsmaßstab
  3. Bildwinkel
  4. Weitwinkel-, Normal-, Tele-Objektiv
  5. Brennweitenverlust
  6. Blende, Blendenzahl
  7. Schärfe, Schärfentiefe, HFD
  8. förderliche, kritische Blende
  9. Lichtstärke, selektive Schärfe
  10. Bokeh, Tiefenunschärfe
  11. parfokale Zoom-Objektive
  12. Abbildungsfehler

 

digitale Kameratechnik:

  1. Sensorprinzip, Bildwandlung, Bayer-Sensor
  2. Auflösung, Megapixel
  3. Sensorgröße
  4. Iso-Wert, Rauschen
  5. Texturverlust
  6. RAW & Rauschen/Details
  7. Bildwinkelfaktor, Crop-Faktor
  8. Kontrastumfang
  9. Bildumfang
  10. Belichtung
  11. Belichtungsmessung
  12. Belichtungsprogramme
  13. Belichtungskontrolle im Histogramm
  14. Blitzbelichtung
  15. Autofokus

1x1 der digitalen Kameratechnik - V2.14 - letztes Update 09.10.2016